Demonstrationszug von Studenten in der Karlsruher Kaiserstraße, 20.01.1970, Fotografie unbekannter Urheberschaft, Digitalisat eines Abzugs. KIT-Archiv 28010/I 8131.
Verglichen mit anderen Universitätsstandorten verliefen die Jahre ab 1968 in Karlsruhe ruhig. Demonstrationen wie auf dem hier gezeigten Bild waren selten. Dennoch gab es studentische Kundgebungen von Unmut gegenüber Professoren. Weltpolitische Themen wie der Vietnamkrieg wurden in Flugblättern thematisiert. Dass es in der Universität eine aufgeheizte Stimmung gab, zeigt auch der Verzicht des Rektorats auf den Einzug der Professorenschaft im Talar bei der akademischen Jahresfeier. Einen ganz eigenen Höhepunkt erlebte die studentische Bewegung, als um 1970 das Universitätsrechenzentrum besetzt wurde und eine Demonstration durch die Karlsruher Innenstadt zog. Der nähere Blick auf das Geschehen macht allerdings klar, dass diese Mittel zur Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit sich nicht gegen die Universität oder deren Leitung richteten. Es handelte sich um eine requisitenhafte Benutzung andernorts eingespielter Protestformen, um spezifisch wissenschaftliche Interessen gegenüber der Landesregierung zu artikulieren. Den Protestierenden ging es um die Qualität des Informatik-Studiums. Die Kritik richtete sich gegen die als unzureichend angesehene Kapazität des Rechenzentrums. Studierende verlangten mehr Rechenzeit, und man klagte, dass »auf vorsintflutlichen Maschinen gerechnet« werden müsse. Während der auf drei Tage angesetzten Besetzung sollten die universitären Rechenanlagen ausschließlich Studierenden zur Verfügung stehen. Es gab sogar Einlasskontrollen und Ausweise für die hierzu eingesetzten studentischen Ordnungskräfte. Die Leitung des Rechenzentrums sah diese Aktion nicht bloß wohlwollend — sondern hatte sie regelrecht angestiftet, als Öffentlichkeitsarbeit für das Vorhaben, einen neuen Großcomputer zu beschaffen. Der Erfolg stellte sich in vollem Umfang ein: Um die Jahresmitte konnte die Universität den Vertrag zur Lieferung eines UNIVAC-1108-Rechners zum stolzen Preis von 21 Millionen D-Mark unterschreiben. kn