Reisetagebuch von Maria Fischer, 16.10.1951–24.04.1952, 34,5 × 30,0 × 6,5 cm, Album mit eingeklebten Fotografien und Texten. saai | Archiv für Architektur und Ingenieurbau am KIT, GIESM. Fotografie: Amadeus Bramsiepe und Jonas Zilius.
Ein Tagebuch dokumentiert, gemeinsam mit verschiedenen Fotoalben, die Stipendienreise von Maria Fischer, verh. Fischer-Gieselmann, durch die USA vom 16. Oktober 1951 bis zum 8. Januar 1952. Im Mai 1950 hatte die junge Architektin an der Technischen Hochschule Karlsruhe ihre Diplomprüfung abgelegt und danach erste Erfahrungen im Berufsleben gesammelt. Als Frau war Maria Fischer während ihres Karlsruher Studiums nicht mehr ganz allein unter Männern gewesen. Unter den 278 Studierenden der Architektur, die seit dem Kriegsende bis zum Sommersemester 1950 die Prüfung erfolgreich ablegten, befanden sich 21 Frauen (7,6 %). Organisiert und finanziert vom Women’s Bureau des Departements of Labor reisten Maria Fischer und ihre Berufskollegin Dorothee Keuerleber als »expert[s] for women affairs« durch die Vereinigten Staaten. Mit dieser Förderung sollten beide Ideen und Inspiration mit nach Hause bringen. Die Reise hatte ein straffes Programm. Die beiden jungen Frauen besuchten viele Institutionen, Städte und auch Privathaushalte. Außerdem nahmen sie an zahlreichen Vorträgen und anderen Fortbildungsmaßnahmen teil. In dem auf junge Frauen zugeschnittenen Programm besuchten sie auch einige Frauenclubs, beispielsweise die League of Women Voters, sowie Schulen und Krankenhäuser mit Entbindungsstationen. Insgesamt beschreibt Fischer ihre Eindrücke als vielfältig, aber auch als fremd. Sie wünschte sich mehr praktische Einsatzmöglichkeiten in den USA, da während ihrer Reise die beobachtende Teilnahme und nicht praktische Arbeiten im Vordergrund standen. Nach ihrer Reise gelang ihr der Schritt in die Selbstständigkeit als freie Architektin. In der frühen Nachkriegszeit gab es einen richtiggehenden Trend, Austauschprogramme für deutsche Studierende in die USA anzubieten. Die Intention dahinter war, die durch den Nationalsozialismus und den Krieg geprägten Deutschen wieder an Demokratie und ein freies Leben heranzuführen. Auch wenn Frauen in technischen Studiengängen noch sehr unterrepräsentiert waren, zeigt dieses Tagebuch, dass es bereits in den 1950er Jahren auf sie zielende Förderbemühungen gab. as
Ich schlage dieses Objekt vor, weil die Geschichte von Frauen wie Fischer-Gieselmann und ihr Verhältnis zum KIT zum größten Teil im Dunkeln bleiben. Dennoch, obwohl das KIT Karlsruhe für lange Zeit ein »Kerlsruhe« war, heißt das nicht, dass Frauen keine Rolle in seiner Geschichte gespielt haben. Rixt Hoekstra