Mikrozahnrad aus Nickel mit Durchmesser 0,26 mm im Größenvergleich mit einer Ameise, Aufnahme: Gerhard Schüler, 1986, 3,6 × 2,4 cm, Schwarz-Weiß-Negativ. KIT-Archiv 28028/19225.
Die Henry genannte Ameise mit dem Zahnrad war lange das Erkennungsmotiv des Instituts für Mikrostrukturtechnik (IMT) am KIT. Der dort tätige Gerhard Schüler realisierte mit diesem elektronenmikroskopischen Bild seinen Einfall, die Dimensionierung eines am IMT hergestellten Zahnrads im Größenvergleich zu veranschaulichen. Die Fähigkeit, solche Mikrobauteile hochpräzise zu fertigen, hatte das Institut bei der Arbeit an einem Verfahren zur Urananreicherung erlangt, das den massenhaften Einsatz von Düsen in Millimetergröße erforderte. Das Institut für Kernverfahrenstechnik, wie es damals noch hieß, entwickelte dafür eine eigene Herstellungsmethode. Nach dem Ende der Arbeiten zur Urananreicherung verlegte das Institut seinen Arbeitsschwerpunkt ganz auf Verfahren zur Fertigung von Mikroteilen, auch weil Aussicht darauf bestand, seine Innovation an Unternehmen zu vermitteln. Seit 1989 führt es den Namen Institut für Mikrostrukturtechnik. Das am Institut entwickelte Verfahren dient beispielsweise zur Herstellung von Teilen in mikrochirurgischen und zahnmedizinischen Geräten oder von Zahnrädern für hochwertige Uhren. Eine Lizenz zur Nutzung des Produktionsverfahrens nahm die als Spin-off aus dem IMT heraus gegründete Firma Microworks. Seitdem wurde die Technologie der Mikrofertigung weiterentwickelt. Der gegenwärtige Arbeitsschwerpunkt des Instituts ist der 3D-Nanodruck. kn
Der Trend zur Miniaturisierung besteht seit den Anfängen der Halbleitertechnologie. Ende der 1980er Jahre glaubten viele, dass die kürzeren Wellenlängen des Röntgenlichts zur Herstellung von kleinen Strukturen unabdingbar seien. Diese Hypothese zusammen mit der Anforderung, für die Herstellung von Trenndüsen kleine Krümmungsradien realisieren zu können, führte am Institut für Kernverfahrenstechnik zum LIGA-Verfahren: Lithografie mit Röntgenstrahlen aus einem Synchrotron, Galvanik zum Auffüllen der erhaltenen Polymerstrukturen und Abformung als Replikationsmethode, um mit aufwändig erstellten Werkzeugen günstige Produkte herstellen zu können. Die Kombination von Lithografie und Galvanik ist als Produktionsweise sehr verbreitet, etwa für Leiterplatten. Die für LIGA charakteristische Verbindung von Röntgenlithografie, Galvanik und Abformung ist eine Spezialität der als Ausgründung aus dem Institut für Mikrostrukturtechnik entstandenen Firma Microworks GmbH. Typische Merkmale der hier hergestellten Bauteile sind hohe, schmale Strukturen, die nach Kundenwunsch 10 bis 20, auch 50 und selten 100 Mal so hoch wie breit gefertigt werden mit Linienbreiten bis hinunter zu 0,5 Mikrometer, wobei schräg auf einem Substrat stehende Strukturen typisch sind. Microworks wurde 2007 gegründet in der Folge eines erfolgreichen Förderprojekts, in dem Präzisionsteile für Schweizer Uhren entwickelt wurden. Die Produktion für diesen Markt hat sich bis heute erhalten. Hier gibt es einen spezifischen Bedarf für das röntgenbasierte LIGA-Verfahren. Eine andere Nachfrage wird mit dem Zahnrad auf dem Fühler von Henry bedient. Aus solchen Bauteilen werden die kleinsten spielfreien Getriebe hergestellt, die auf dem Markt verfügbar sind. Die Nähe zum KIT und die Kooperation mit dem KIT sind sehr wesentlich für die Arbeit von Microworks und damit für den Transfer der LIGA-Technik an den Markt. Durch die Ansiedlung der Firma am Zeiss-Innovation-Hub@KIT können die Mitarbeitenden schnell mit E-Scootern zu der auf dem KIT-Campus Nord gelegenen Synchrotronstrahlungsquelle gelangen, um röntgenlithografische Belichtungen durchzuführen. Auch der Zugang zu Anlagen des Instituts für Mikrostrukturtechnik auf Pay-per-use-Basis ist für Microworks wichtig, zum Beispiel um die für das LIGA-Verfahren erforderlichen Masken schnell herstellen zu können. Joachim Schulz
Das Mikrozahnrad steht symbolisch für die Eroberung der biologischen Dimensionen durch die Ingenieurwissenschaften. Ein erster Schritt zum Traum eines U-Boots im menschlichen Blutkreislauf. Mathias Heckele, KIT, Institut für Mikrostrukturtechnik