Kapitel 6

Die Technische Hochschule Karlsruhe in der Nachkriegszeit (1945–1967)

Der gitterartig strukturierte Kernspeicher ist ein Vorläufer der heute üblichen Computerfestplatte. Solche Speichermedien waren ab Mitte der 1950er Jahre für rund 20 Jahre in Gebrauch. An den Kreuzungspunkten der Drähte sind ringförmige sogenannte Ferritkerne aufgehängt. Diese können mit einem kurzfristig durchgeleiteten Stromfluss auf Dauer magnetisiert und so als Informationsspeicher eingesetzt werden. Wird der erforderliche Strom auf zwei sich in einem bestimmten Ring kreuzende Drähte aufgeteilt, können die einzelnen Speichereinheiten gezielt angesteuert werden. Indem ein Ring entweder magnetisiert oder entmagnetisiert sein kann, hat dieser die Speicherkapazität von einem Bit. Zeichen werden mit Folgen von mehreren, oft mit acht Bit codiert. Schon ein einzelner Buchstabe benötigte somit eine Reihe von Speicherkernen. Auch der filigrane Aufbau des Kernspeichers und die Sichtbarkeit der Speichereinheiten für das bloße Auge machen deutlich, dass es sich um eine im Vergleich zu heutiger Technik aufwändige und kostspielige Lösung mit vergleichsweise geringem Speicherinhalt gehandelt hat. An der Technischen Hochschule Karlsruhe wurde 1965 ein vom Institut für Angewandte Mathematik an dessen damaligem Sitz im Architekturgebäude betriebener Zuse-Computer mit Kernspeichern aufgerüstet. Diese im Vergleich zum Lochstreifen in kürzerer Zeit abrufbaren Speichereinheiten wurden für Inhalte benötigt, die besonders schnell im Programmablauf verfügbar sein sollten. Die mit der Arbeit befassten Techniker bereiteten den Einbau vor, indem sie die Kernspeicher im Flur des Architekturgebäudes bereitlegten. Vorbeikommende Architekturstudenten empfanden die Gitterelemente offenbar als derart anregend, dass ein großer Teil der teuren Bauteile verschwand. Nach mehreren Aufrufen, darunter einer Durchsage in der Mensa, wurden sie glücklicherweise vollständig zurückgegeben. kn

Bilder

© 2025 KIT | Alle Rechte vorbehalten Impressum Datenschutz