Festzug der Studirenden des Polytechnikum zu Karlsruhe beim Festcommers zu Ehren des 25jährigen Regierungsjubiläum Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs Friedrich von Baden. 30. April 1877, Lichtdrucke von Schober & Baeckmann, Verlag des Polytechnischen Vereins Karlsruhe, ohne Jahr, Fotografien: Adalbert Uetz, 47,5 × 30,4 cm. KIT-Archiv 27084/18. Hier: Abteilung der Mathematiker. Fotografie: Amadeus Bramsiepe und Jonas Zilius.
Die Tradition von Paraden, Umzügen und Aufmärschen reicht zurück bis in die Antike. Man feierte mit ihnen Siege oder religiöse Ereignisse. Großer Beliebtheit erfreuten sich auch Festumzüge zur Feier von Geburtstagen, Thronjubiläen oder Hochzeiten der Herrschenden. Der im 19. Jahrhundert aufkommende Historismus sorgte für ein Aufleben von Festumzügen in historisierenden Gewändern, da man sich vermehrt für die Vergangenheit interessierte. Auch in Karlsruhe kam diese Mode an, und so fand am 30. April 1877 zum 25. Regierungsjubiläum des Großherzogs Friedrich I. von Baden ein »Festzug der Studirenden des Polytechnikum zu Karlsruhe« statt, bei dem sich die einzelnen Fachschulen in historischer Perspektive mit Insignien ihrer Fächer präsentierten. Der bebilderte Band, der zur Erinnerung an dieses Ereignis entstand, zeigt in Fotografien die Gruppen der Mathematiker, Architekten, Chemiker, Maschinenbauer, Bauingenieure und Forstwirte. Man sah sich am Karlsruher Polytechnikum stolz in der Tradition früherer Forscher, Bauherren und Wissenschaftler, welche die jeweiligen Disziplinen mit ihrem Wissen und ihren Entdeckungen geprägt hatten. Gleichzeitig ehrte man auf diese Weise den Großherzog als den schon damals engagierten Förderer des Polytechnikums. Die folgenden Fächer der Polytechnischen Schule sind in dem Festzug dargestellt: (1) Mathematik. Hinter dem Banner, auf dem eine (Welt-)Kugel zu sehen ist, laufen Pythagoras, dieser mit einer zeichnerischen Darstellung seines Satzes, Archimedes mit der nach ihm benannten Schraube, mehrere Frauen in römischen und griechischen Kostümen, Männer, ebenfalls in römischen oder griechischen Gewändern, von denen die verschiedenen platonischen Körper getragen werden. Ihnen folgen eine Tafel mit einem Integral aus einer Wurzelfunktion und weitere Herren in orientalisch anmutenden Gewändern sowie Kostümen des Mittelalters und der Renaissance. (2) Architektur. Hinter dem Banner folgen verschiedene Gruppen, beginnend mit — vermutlich — Vitruv, hinter dem einige Männer das Modell eines Tempeleingangs in dorischer Säulenordnung tragen. Es schließt sich ihnen eine als mittelalterliche Mönche gekleidete Gruppe an, die Architekten der großen Kathedralen darstellen, gefolgt von einer Gruppe Steinmetzen einer Bauhütte, die ein Modell des Ulmer Münsters mit sich führen. (3) Chemie. Hinter dem Banner, auf dem eine Waage und eine Destillierapparatur abgebildet sind, folgen unter anderen einige als mittelalterliche Mönche gekleidete Männer, die frühe Alchemisten darstellen. Ihnen folgen Bergarbeiter, die das Modell eines Kohlebergwerks tragen. Hinter ihnen gehen weitere Männer, die Glaskolben bei sich haben, sowie einige mit dem Modell einer chemischen Fabrik. (4) Maschinenbau. Hinter dem Banner folgen Gruppen in Kostümen verschiedener Epochen vom Mittelalter bis zum Barock, die Modelle von einem Wasserrad, einer Pumpe, einem Zahnrad und einem Kran tragen. (5) Bauingenieurwesen. Dem Banner mit Symbolen von Erdbau, Hochbau und Schiffbau folgt ein Eisenbahnmodell mit Bahndamm, Brücke, Dampflokomotive und Zug, dabei Arbeiter mit Werkzeugen für den Erdbau. Es schließen sich im Stil verschiedener Epochen gekleidete Bergleute mit einem Tunnelmodell an, schließlich Brücken- und Schiffbauer mit jeweils einem Modell. (6) Forstwesen. Junge Männer in forstlicher Tracht tragen neben Jagdtrophäen wie ausgestopften Vögeln und Hasen auch Waffen zur Schau. In der Mitte des Zuges befinden sich ein Falkner und ein Hundeführer. as