Die Methode der Zugdreiecke, Handzeichnung von Claus Mattheck, 2005, Digitalfotografie. KIT-Archiv 28010 I 6480.
Laut Gründungsurkunde der Polytechnischen Schule Karlsruhe vom Jahr 1825 sollte die neue Anstalt Kenntnisse vermitteln, um »mit den kleinsten Mitteln die grössten Wirkungen hervorzubringen«. Dieses Bestreben ist ein Grundmotiv der Ingenieurwissenschaften, die ihre Ziele heute meistens mit Mathematik, Computern und Experimenten an Versuchsanlagen verfolgen. Alternative Wege beschritt der von 1980 bis 2012 am Institut für Materialforschung II des KIT wirkende Claus Mattheck im Rahmen seiner Forschungen zur Bionik. Aus der Betrachtung von Bäumen, aber auch durch den Blick auf andere Lebewesen und die unbelebte Natur, gewann er Erkenntnisse über Optimierungsprinzipien. Eine besonders Wichtige ist das universelle Vorkommen des Zugdreiecks bei der Stabilisierung von Kerben. Anders als die herkömmliche ingenieurtechnische Lösung, rechtwinklige Verbindungen mit einem in den Winkel gesetzten Viertelkreis zu stärken, verstand Mattheck, dass es in der Natur eine bessere Konstruktionsform gibt, die den in Organismen gewachsenen Strukturen noch mehr Festigkeit verleiht. Matthecks aus der Naturbetrachtung gewonnene Methode der Zugdreiecke ist leicht umzusetzen, weil dafür ein Geodreieck genügt. Das von Mattheck beschriebene Prinzip fand zunächst Eingang in das Ingenieurwesen mit einer Richtlinie des Vereins Deutscher Ingenieure und wurde 2016 gefasst als Norm DIN ISO 18459 Bionik — Bionische Strukturoptimierung. Die Publikationen seiner Forschungsgruppe wurden in viele Sprachen übersetzt, darunter auch ins Koreanische und Japanische. kn