Kapitel 7

Das Kernforschungszentrum und das Forschungszentrum Karlsruhe (1956–2009)

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Strahlenschutz-Rechenschieber

Rechenschieber für den Strahlenschutz, Hersteller: Frieseke & Hoepfner GmbH (Modell Aristo 10174), bis Juni 1958 (Datierung nach Druckdatum der beiliegenden Gebrauchsanleitung), 338 x 56 x 10 mm (ohne Hülle), Kunststoff. KIT, Institut für Angewandte Materialien (Werkstoff- und Grenzflächenmechanik, Fusionsmateriallabor). Fotografie: Amadeus Bramsiepe und Jonas Zilius.

Diese Ausführung eines Rechenschiebers dient Standardberechnungen im Strahlenschutz. Spezielle Skalen helfen beim Ermitteln von Strahlungsgrößen für unterschiedliche radioaktive Isotope. So kann etwa die von einer Substanz ausgehende Strahlungsdosis aus ihrer Menge, dem Abstand zu ihr und der Zeit berechnet werden. Ebenso lassen sich mit diesem Instrument das zeitliche Abklingen von Radioaktivität auf Grundlage der je Isotop verschiedenen Halbwertszeiten oder die Wirkung einer Abschirmung in Abhängigkeit von Material, Dicke und Strahlungsenergie berechnen. Die Entwicklung dieses Rechenschiebers war dem Stand der Technik zu Beginn des Atomzeitalters geschuldet. Bis zu ihrer Ablösung durch den elektronischen Taschenrechner in den 1970er Jahren waren Rechenschieber Alltagsgegenstände in der Wissenschaft und im Ingenieurwesen. Sie ermöglichen die Multiplikation und Division von Zahlen, das Ermitteln von Quadrat- und Kubikzahlen, Wurzeln und je nach Ausführung auch die Berechnung trigonometrischer oder exponentieller Funktionen. Zugrunde liegt ihnen das Prinzip der Logarithmen. Diese ersetzen komplizierte und mehrschrittige Rechenoperationen in einer Addition. So lässt sich etwa multiplizieren, indem man zwei der auf dem Rechenschieber stehenden Zahlenreihen aneinandersetzt — die Gesamtlänge repräsentiert das Ergebnis. Mit ihren einem Lineal ähnlichen Maßen konnten Rechenschieber in Jackentaschen mitgeführt werden wie heute ein Smartphone. Aus den Vorgängerinstitutionen des KIT überlieferte Personenporträts mit dem Hilfsmittel zeigen, dass dieses als positives Kennzeichen der eigenen Arbeit verstanden und zur Selbstinszenierung genutzt wurde. kn

Bilder

Objektvorschlag

Der Rechenschieber zeigt schön, dass heute mächtigen Programmen überlassene Berechnungen von Dosisleistung, Abschirmwirkung oder Zerfall mit einem einfachen Instrument machbar sind, wenn man die Dimension im Kopf rechnen kann. Seit 400 Jahren war diese grafische Addition logarithmischer Skalen unverzichtbares Handwerkszeug für Ingenieure und Wissenschaftler — bis zum Aufkommen des Taschenrechners. Hans-Christian Schneider

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